Lehrstuhl für Neue Fertigungstechnologien und Werkstoffe

DFG-Projekt (Werkzeugstähle) - Herstellung pulvermetallurgischer B-legierter Werkzeugstähle im industriellen Maßstab

Die additive Fertigung (hier PBF-LB/M Powder Bed Fusion-Laser Beam/Metal) von kohlenstoffmartensitisch härtenden Werkzeugstählen ist wegen der hohen Kaltrissproblematik derzeit nur durch eine Vorwärmung der Bauplattform möglich, sodass die martensitische Umwandlung unterdrückt und die sich ausbildenden Eigenspannungen direkt im Prozess abgebaut werden können. Noch schwieriger stellt sich die PBF-Prozessierung von ledeburitischen Kaltarbeitsstählen dar, bei denen der hohe Gehalt an eutektischen Hartphasen Versagen durch Rissbildung im PBF-Prozess fördert. Ziel des DFG-Vorhabens ist es in Kooperation mit dem Lehrstuhl Werkstofftechnik der Ruhr-Universität Bochum und den Deutschen Edelstahlwerken Specialty GmbH & Co. KG einen B-legierten ledeburitischen Kaltarbeitsstahl für die pulvermetallurgische und additive Fertigung zu entwickeln. Da es sich um ein Transferprojekt handelt, gilt es die in einem vorherigen DFG-Vorhaben (Projektnummer 232707733) gewonnenen Erkenntnisse in diesem Vorhaben zu berücksichtigen und das Wissen für technologische Anwendungen nutzbar zu machen. Entgegen des bekannten Legierungsdesing von Fe-Cr-C-X-Werkzeugstählen (X=V, Nb, Mo) wird dabei das System Fe-Cr-C-B-X betrachtet, da durch das Einbringen von Bor als Legierungselement der Hartphasenbildungsprozess von dem Prozess der martensitischen Gefügeumwandlung durch ausreichend gelöste C-Gehalte in der Matrix entkoppelt wird. Zudem besitzen Boride im Vergleich zu Karbiden mit ähnlicher Stöchiometrie eine höhere Härte, was eine Verbesserung der tribo-mechanischen Eigenschaften von ledeburitischen Kaltarbeitsstählen ermöglicht.
Im Rahmen des DFG-Vorhabens befasst sich der Lehrstuhl für neue Fertigungstechnologien und Werkstoffe mit der Entwicklung eines ledeburitischen Kaltarbeitsstahls im System Fe-Cr-C-B, der sowohl mittels PBF als auch mittels HIP (heißisostatisches Pressen) verarbeitet werden kann. Die Werkstoffentwicklung berücksichtigt das LTT-Konzept (Low Transition Temperature), bei dem die bei der martensitischen Umwandlung resultierende Umwandlungsplastizität gezielt ausgenutzt wird um die sich im Prozess gebildeten Zugeigenspannungen abzubauen. Das LTT-Konzept setzt jedoch eine reduzierte Martensitstarttemperatur und ein Verständnis über den Gefügebildungsprozess während der PBF-Prozessierung voraus, wobei ersteres durch ein gezieltes Legieren eingestellt werden kann. Die grundlegende Beschreibung des Gefügebildungsprozesses während der Erstarrung und dem Einfluss eines alternierenden Wärmeeintrags als Folge des schichtförmigen Aufbauprinzips im PBF-Prozess erfolgt durch Simulationen mit nachfolgender experimenteller Validierung. Insbesondere durch Diffusionssimulationen und in-situ-Synchrotronuntersuchungen soll der Einfluss des alternierenden Wärmeeintrags auf das sich einstellende Gefüge und die damit verbundenen Materialeigenschaften verstanden werden. Die Projektlaufzeit beträgt 3 Jahre.

Kontakt:
Hassan Sohaib

sohaib.fuw@uni-wuppertal.de